Ausbildung zum Vocalcoach – fünfte Einheit

Ausbildung zum Vocalcoach – fünfte Einheit

Ausbildung zum Vocalcoach – fünfte Einheit

Montag, 02.03.2015, 11 Uhr MEZ.

Da sind wir wieder mit dem vorletzten Blogbeitrag zu unser Ausbildung zum Vocalcoach. Diesmal sind wir eine ganze Woche zusammen und haben entschlossen zusammen zu wohnen; für die gegenseitige Motivation… und so. Worauf wir uns da genau eingelassen haben, wird uns noch im Laufe der Woche klar werden. Aber erstmal treffen wir uns alle in der POWERVOICE-Academy Nord zur Feedbackrunde. Die Stimmung ist gut und trotzdem fängt die Luft langsam an zu flirren: Noch etwas mehr als ein Monat bis zu unseren Prüfungen. Die Luft wird dünner und es zeigt sich, dass einige von uns gerade mitten in einem chaotisch kreativen Prozess stecken, der dringend geordnet werden muss. Wir hätten alle Stein und Bein geschworen, dass man die Flut an neu Erlerntem im Moment schlecht sortieren und auswerten und schon gar nicht anwenden kann. Alle sind ein wenig überfordert und unterspannt, alle? Nein! Denn da ist ja noch Kerstin. Man gebe ihr Klavier und Probanden und los geht’s.

Wir stehen staunend vor Kerstin’s messerscharfer Analysetechnik. Respekt… ja gut, ein bißchen Neid spielt vielleicht auch eine Rolle. Menno! Und wieder geht es an die Trainingstöne und ans gegenseitige Analysierieren. Das Piano hat POWERVOICE-Lautstärke und unsere Töne sind anfangs noch so zurückhaltend, dass man bei der Analyse viele verspannte Stirnbereiche sieht. Von „Jaaaaa, den fand ich schon ganz gut“ bis „Ich konnte Dich gar nicht hören, das Klavier ist so laut“ war alles an höchst fundierten Analysen dabei. Nach ein paar Anläufen kriegen wir dann aber doch noch die Kurve. Alle Kompensationsmöglichkeiten werden nochmal auf ihre Wirkung hin durchgenommen.

In dieser Woche stehen wir nicht nur als CIA’s (Coach in Ausbildung) im Mittelpunkt sondern auch als Künstler. Jeder hat bereits große Fortschritte gemacht, aber jeder hat noch Luft nach oben, sogar Martin die Rampensau 😉  

Als erstes nehmen wir uns die von uns für diese Woche vorbereiteten Songs vor. Diesmal steht die Analyse der Songs auf musikalischer Ebene im Mittelpunkt. Welche Instrumente setzen wann in unserem vorbereiteten Song ein. Es ist erstaunlich, was für Instrumente da zum Vorschein kommen, die man bisher noch gar nicht wahrgenommen hat. Spannend sind auch unsere Empfindungen zu den einzelnen Instrumente. Kelit fühlt sich beim Streichereinsatz spontan an Filmmusik erinnert und bei Martin wird wieder einmal klar, dass er auf der Bühne ein alter Hase ist. Hätten wir ihn genauer hören lassen hätte er wahrscheinlich auch noch die Marke der Gitarre am Klang erkannt. Also: Geigen an und Hollywood will listen, denn als nächstes steht die Analyse des großartigen Auftrittes von Robbie Williams in der Royal Albert Hall auf dem Plan: „I will talk and hollywood will listen“. Übrigens eine Hausaufgabe! In der detaillierten Analyse wird schnell klar, dass das, was da so „locker“ hingesungen klingt, eine Meisterleistung an Gesangstechnik und Interpretation ist.

Und schon ist der vormittag um. Das ging schnell! Kelit und Martin fahren schon mal los und checken uns in unsere Ferienwohnungen ein, bei Rückkehr wird klar: Überschwang sieht anders aus… bei Martins lapidarem „Is okay“ wird klar, dass die Obertöne nicht nur wegen der nicht aktivierten Stirnresonanzräume fehlen. Aber zur Wohnung später noch mehr.

In dieser Woche steht ein Punkt auf dem Programm auf den wir uns alle schon lange freuen: Studioaufnahmen! Vorher coachen wir uns nochmal gegenseitig und versuchen das Beste aus unserem jeweiligen Song rauszuholen. Im Studio wird dann sehr schnell klar, das Kontrollverlust ein viel zu negativ belegtes Wort ist. Das System des „Verrauschens“ bedeutet schlicht, dass man auf den Studiokopfhörer neben seines Playbacks ein paar echt nervige durchgängige Störgeräusche bekommt.

Der Effekt ist der Hammer! Dadurch, dass man sich nicht mehr kontrollieren kann baut der Körper eine natürliche Spannung auf, die dem Ton Präsenz, Glanz und Fülle verleiht ohne angestrengt zu klingen. Kerstin selber ist von der Präsenz ihrer Stimme und dem Gefühl dass sie transportiert total geflasht. Tanja fragt sich, warum sie nicht einfach immer so singt, wenn sie es doch „irgendwie“ kann. Da liegt leider der Hase im Pfeffer.

Wer nicht freiwillig loslässt beim einatmen und unter Gesichtsspannung versteht, dass die Nackenmuskulatur so angespannt wird, dass Arnold Schwarzenegger blass werden würde vor Neid, muss sich nicht wundern, wenn die Töne klingen als wenn man, Zitat Andrés, „auf eine Ente tritt“. Das Schlimmste daran ist, dass er blöderweise recht hat…. Warte, dass streichen wir wieder, Andrés hat eh schon oft genug recht. Damit geht ein erkenntnisreicher Tag zuende.

Dienstag, 03.03.2015 11 Uhr MEZ

Zwischen Rührei und Bauchspannung. Der nächste Tag beginnt, so wie alle übrigen mit einem gut gelaunten Frühstück in unserer Ferienwohnung. Unsere Ferienwohnung… das würde den Umfang des Blogs echt sprengen. Nur ein paar Stichworte: Es gibt W-Lan, für uns ganz wichtig, weil wir auch abends noch arbeiten wollen und sollen. Ja, es gibt W-Lan… irgendwie…. Ein sehr unterhaltsames Bild, wenn vier erwachsene Menschen mit ihren hochgehaltenen Smartphones rumlaufen und immer abwechselnd sagen: „Ich hab Netz…. Ne, jetzt doch wieder nicht“… tja, ist halt ein Netz und in diesem Fall eines mit verdammt großen Löchern.

Was das gemeinsame Kochen angeht fühlt man sich wie im Survival-Camp. Es gibt vier Kochplatten in unserer Küche. Zwei auf linken Küchenseite, zwei auf der rechten… ah ja… spannend. Die auf der linken Seite darf man nicht benutzen, worauf 12 dezente Hinweisschilder aufmerksam machen. Okay… bleiben noch zwei Platten…. die nicht funktionieren, es sei denn, irgendjemand kennt ein Gericht, das handwarm zubereitet wird. In Martins Wohnung funktionieren die Herdplatten… allerdings sind die logistisch so großartig angeordnet, dass man immer nur eine Platte nutzen kann. So wird in dieser Woche der Pizzalieferdienst fast zu einem guten Freund. Nach der ersten Bestellung sind wir skeptisch ob überhaupt etwas geliefert wird, denn nicht nur die W-Lan-Verbindung hat große Löcher. Nachdem Tanja dreimal die Adresse buchstabiert kommt von der anderen Seite die überraschte Nachfrage: „Soll das geliefert werden?“ … ups, das ist wohl irgendwas durchs Handy“netz“ gefallen. Zur Überraschung aller wird allerdings eine halbe Stunde später alles geliefert.

Es ist gut, dass wir die Bauchmuskeln schon morgens aktiviert haben, denn in der Academy arbeiten wir an diesem Tag an der Bauchspannung die bei der Einatemendenz gehalten werden muss. Dafür wird nach der Einatmung etwas Schweres auf den Bauch gelegt und muss dann oben gehalten werden. O-Ton Andrés: „Da legen wir jetzt was Schweres auf den Bauch. Zum Bespiel die Box da oben. Martin, nimmt Du die mal bitte runter und Kerstin Du legst Dich schon mal auf das Sofa.“ Alle lachen amüsiert…. Irgend etwas stimmt mit dem Ironiedetektor nicht, das war tatsächlich ernst gemeint….

Schnell wird klar, wie gut diese Methode funktioniert. Es ist sofort hörbar, wenn uns die Box gerade anfängt zu erdrücken und die Luft aus uns rausdrückt, wenn wir die Spannung nicht halten. Zeit für eines von Andrés Mantras: „POWER IS NOTHING WITHOUT CONTROL“. Kannst Du die eingeatmete Luft nicht halten und gibst sie unkontrolliert ab, macht sie was sie will und der Ton auch. Ohne Bauchspannung atmen wir viel Luft aus, wandeln aber viel zu wenig in Ton um. Verhaucht ist ja ganz schön, allerdings nur, wenn es geplant ist und gewollt eingesetzt wird.

So vergeht der Tag mit Training, Training, Training. Atmen, Bauchspannung, Einatemtendenz, Körper- und Gesichtsspannung nicht vergessen und was genau macht die Zunge da eigentlich gerade. Manchmal ist man doch erstaunt, dass es im Gesichtsbereich soviele Teile gibt, die sich unabhängig voneinander in die falsche Richtung bewegen können. Wir coachen uns nochmal gegenzeitig und jeder von uns hat das Gefühl in diesen Tagen große Fortschritte zu machen.

Mittwoch, 04.03.2015 11 Uhr MEZ

Wer hat an der Uhr gedreht… es ist tatsächlich schon Mittwoch…

Martin hat sich bereit erklärt sich um das Frühstück zu kümmern und wird in der Woche unser Held! Die einzig selbstgekochte Mahlzeit des Tages bleibt Martins Rührei, das eigentlich ein Omlett werden sollte. Hätte Kelit nicht ihr Schweizer Taschenmesser dabei gehabt, wir wären vor so manchem Lebensmittel verhungert, denn die vorhandenen Messer sind… wie soll man es beschreiben… nicht sehr schnittig. Nichts desto trotz ist die Stimmung zwischen uns gut. Im Laufe der Woche fangen wir einfach an unser Besteck anders zu nutzen.

In einer Weinlaune, wobei Kerstin hatte nicht mal was getrunken, beschließen wir, am Samstag bei der Open Stage zusammen „Wannebe“ von den Spice Girls zu singen; und Kerstin wäre nicht Kerstin, wenn es nicht nach kurzer Zeit auch eine mehr oder weniger ausgefeilte Choreographie gäbe. Mehr oder weniger bedeutet: Kerstin mehr und Tanja weniger. Aber der Spaßfaktor ist hoch. Auf der Suche nach einem Mikro-Ersatz holt Kerstin kurzerhand zwei Esslöffel und meint dann „Warte, ich zieh die Jalousie nochmal hoch, dann können wir das Fenster als Spiegel nehmen.“ Tanja lacht darauf hin kurz, stellt aber fest, dass ihr Ironiedetektor leider versagt hat: Kerstin meint das wirklich ernst. Sehr fundiert und ernsthaft, wird darüber diskutiert, wie die Löffel bei welchem Teil der Choreo gehalten werden müssen. Hey, glaubt doch nicht alles was ihr lest! Da war überhaupt nix ernsthaft an dem Abend, aber der Spaßfaktor war extrem hoch!

„Wannebe“ hat einen sehr basslastigen Anfang, was auch Martin und Kelit beim Lernen in der Wohnung darunter schnell feststellen. Als Martin am nächsten Morgen, wie immer mit Rühreipfanne in der Hand in die Küche kommt und völlig ohne Ankündigung anfängt „Yo, I tell you what I want, what i really, really want“ zu singen, lachen wir bis uns die Bauchmuskeln wehtun und jede mühsam erlernte Atemtechnik versagt. Erkenntnis des Morgens: Martin muss mit in die Choreo eingebaut werden.

So fängt der Tag, wie alle in dieser Woche mit bester Laune an. In der Academy arbeiten wir weiter daran Trainingstöne wirklich sicher zu singen und damit auch vorsingen zu können. Wenn es nicht nur noch sechs Wochen bis zu den Prüfungen wären, könnte man fast darüber lachen, dass wir so manchen Ton alles andere als ökonomisch singen. Soviel zu unserer Vorbildfunktion gegenüber unseren zukünftigen Schülern. Wir fühlen uns trotz der guten Stimmung von Baustellen und noch dringend zu beackernden Feldern umgeben.

In der Mittagspause sorgt Andrés dann nochmal dafür, dass wir aus unserer lockeren Stimmung blitzschnell rauskommen in dem er die magischen vier Worte sagt: „Workshop, Atmung, Kehlkopf, Kopfresonanzräume…“ Alle wissen noch genau, wie schlecht das beim letzten Mal gelaufen ist. Statt fundierter Erklärung und Praxisbeispielen mit Entertainmentfaktor gab es viele schweigende Momente und verzweifelte Gesichter. Gemessen daran ist es besser geworden, stellen wir später fest, allerdings lange noch nicht ausreichend für die Prüfung. Ausgenommen unser fleissiges Bienchen Kerstin, da ist „alles schick“.

Strukturierte, gute Vorbereitung und der Rest von uns staunt, dass praxisnahe Erklärungen manchmal so einfach sein können, dass wir  nicht darauf kommen.

Am Ende des Tages ist uns allen leider sehr deutlich bewusst, dass die Zeit langsam knapp wird und wir uns schnellstes von unseren Wortfindungsstörungen trennen müssen wenn wir als Coach überzeugend auftreten wollen. Wie wichtig das ist, wird sich in den nächsten vier Tagen bemerkbar machen, denn am Donnerstag (04.03.2015) startet die der 4 Tage Intensiv Workshop mit tollen Teilnehmern, die uns mehr als einmal flashen werden. Aber davon demnächst mehr!

Bis bald Eure Peggy 🙂

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Peggy Kircheis

Hi, ich bin Peggy von den Erzmountains, blond und im Sommermonat August geboren. Mein Lebensbarometer schlägt stark in Richtung Optimismus aus, so dass mein unmittelbares Umfeld schon mal der Verzweiflung nahe ist. Ich liebe es Bäume zu umarmen, bin in stillen Momenten leise und habe keine emotionale Bindung zu meinem Schuhschrank. Am liebsten Lache ich über mich selbst – das zieht sich in die Länge und kann Stunden dauern. Und zu letzt, bin ich davon überzeugt, dass jeder, der den Weg seines Bauchgefühls geht, immer in die richtige Richtung läuft. Start walking!

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