POWERVOICE goes Südamerika Teil 3

POWERVOICE goes Südamerika Teil 3

SONNTAG, 09. März 2014

5:00 h, meine Nacht ist zu Ende. Ich gehe in den Vorgarten und mach mich für den Bericht fertig. Ich packe meinen Laptop aus, während ich viele Ameisenstraßen und Spinnen, kleine und richtig fette, sehe. Ich bin in einer „anderen Natur“ und ich genieße sie ganz bewusst. Ich beginne meine Erinnerungen auszupacken und tippe sie ein.

Die Sonne geht auf, ich gehe kurz ins Haus, um mein Handy zu holen, da ich ein paar Fotos schießen möchte und als ich nach 2 Minuten wieder rauskomme ist die Ameisenstraße verschwunden. Die Hunde mit den Huskieaugen schauen vorbei. Ich gehe zu ihnen und pflege die gestern begonnene Freundschaft. Sie genießen die Zuneigung. In Argentinien streicheln die Besitzer ihre Hunde gern mit den Schuhen, eher ruppig, als liebevoll, aber es sind ja auch Hunde und keine Babies 🙂

Vielleicht genießen sie deswegen meine Streicheleinheiten, weil sie handgemacht sind…

Die Haustiere von Gladys Eltern

Ich besuche die Schweine, Hühner und gehe auf eine der vielen Weiden. Ich sehe 17 Kühe und Rinder, hatte Enrice nicht etwas von einer gesagt? Wahrscheinlich meinte er eine Mich gebende Kuh, die Geschwister dienen daher eher für Asado und andere Leckereien (die Veganer und Vegetarier möchte ich bitten den letzten Satz zu überlesen).

Vom Hügel aus kann man nachts die Lichter von Monte Carlo sehen. Man, bin ich auf meine Geburtsstadt gespannt!

Das Grundstück ist riesig, denke ich, aber riesig soll für mich noch eine andere Bedeutung bekommen. 50 Hektar, 100 Hektar….

Mittlerweile ist es 8:00 h und Leben ist im Haus eingekehrt. Enrice fragt mich, ob ich die andere Mandarinenplantage sehen möchte – natürlich will ich das! Mit seinem alten Ford, Baujahr 1959 fährt er mich über holprige Wege aus roter Erde. Ein Erlebnis für einen deutschen Stadtmenschen und ich denke, das muss der holprigste Weg in Misiones sein… Wie man sich doch täuschen kann. Außer den exzellent asphaltierten Straßen (viele sind privatisiert und man muss bei Nutzung 4-6 Pesos bezahlen, ähnlich der Maut in Österreich) sind alle Wege/ Straßen zu den Chakras (wenn die Besitzer Vieh haben) und Camps (wenn sie Pflanzen haben), also den Grundstücksbesitzen schwer zugänglich und es macht einen mega Spaß mit dem Auto auf ihnen zu reiten. Du wirst durchgerüttelt und denkst, dass es nicht intensiver geht – geht es aber immer. Die Argentinier sind so relaxed dabei, dass die Autofahrer auch schon mal einen Mate während der Fahrt trinken – cool, wie sie dann auch noch die Huckel ausgleichend durch das Röhrchen saugen 🙂

Enrice und sein Gefährt Straßen in Posadas Straßen

Wir erreichen die Plantagen und ich bekomme die Früchte zu probieren – Hammerlecker!!! . Ein Mandarinenbaum kann bis zu 160 kg Früchte tragen! Für 1 kg erhält Enrice gerade mal 6 Cent eines Euros. In Deutschland kostet das kg zwischen € 2,- – € 4,-.

Enrice

Neben Mandarinen haben er und sein Bruder noch Mais, Manioca (eine der Kartoffel ähnliche Frucht), Zucker und Gemüse aller Art für den Eigenbedarf und die Verfütterung an ihre Tiere angebaut.

selbst gebackenes Brot

Als wir zurückkommen haben die Ladies bereits gefrühstückt. Es gibt selbst gebackenes Brot mit natürlich selbst gemachter Papaya-Marmelade und Sahne. Die Sahne ist ein Butterersatz und gar nicht mein Ding. Da mir 3 x mit einem stolzen Unterton gesagt wurde, dass sie ich sie unbedingt probieren sollte, schmierte ich sie mir erwartungsfroh doppelt aufs Brot…. Was soll ich sagen: Ich war tapfer und aß….

Anschließend legte ich mich auf einen Stuhl und ließ die Gedanken schweifen.

Aus der Küche roch es nach Manioca. In der offenen Garage wurde das 7 kg schwere Ferkel auf dem Grill zubereitet. Gutes Essen hat in Argentinien einen hohen Stellenwert.

Gladys Bruder und seine Frau kommen zu Besuch. Sie sprechen leider weder Deutsch noch Englisch und mein Spanisch ist noch nicht viel besser geworden.

Essenszeit: Die 93-Jährige Oma ist auch dabei. Die Familie trifft sich in der Regel einmal im Monat, auch wenn die Familienmitglieder 200 km entfernt wohnen. Bei Argentiniens Bauern, wie den Neuendorfs ist die Familie extrem wichtig.

Nach dem Essen muss ich mich mal ausruhen und lege mich ein wenig hin. Auch in den nächsten Tagen werde ich nachts nur 4-5 Stunden schlafen, weil mir die Zeit zum bewussten Erleben einfach zu wichtig ist. Als ich nach 90 Minuten wieder hinausgehe hat sich noch mehr Familie eingefunden und ich begrüße Schwestern und Brüder mit ihren Frauen und Männern. Fast alle sprechen noch Deutsch. Der Humor ist allerdings sehr alt und erinnert mich an meine Großeltern, obwohl diese lieben Menschen gerade mal 10 Jahre älter sind, als ich. Später wird sich herausstellen, dass die Deutsch sprechenden Argentinier einen ähnlichen Humor wie wir haben, die in den letzten Jahrzehnten viel Besuch aus Deutschland bekommen haben. Die Kinder und Enkel der Einwanderer sprechen jedoch fast ausschließlich Spanisch.

Wir müssen zurück nach Posadas, wo Gladys und Alfredo eine IT Firma haben, denn es wartet noch Arbeit an einer Homepage auf sie.

Rote Straßen

Die rote Erde ist beeindruckend, knapp 200 km sehe ich nur rote Erde und grünen Wald. Alle Seitenwege auf den großen Straßen, außerhalb der Städte sind aus roter Erde!
 Zuhause angekommen mache ich uns einen Salat aus den mitgebrachten Gurken, Tomaten und Zwiebeln. Das Salz ist nicht so intensiv wie bei uns, das fiel mir schon in Buenos Aires auf, als die Bedienung meinen Salat salzte und ich dachte: Mein Gott, den soll sie besser selbst essen….

Wir haben Spätsommer und ohne Klimaanlagen oder Ventilatoren geht in Argentinien nichts.

1 Liter Heineken Bier

Ich trinke mein erstes alkoholisches Getränk in Argentinien, ein Heineken Bier. Die Bierflaschen sind hier größer, als bei uns und fassen einen Liter. Der Liter wird es auch am Ende des Abends…

Wir drei, Gladys, Alfredo und ich sind müde und sagen uns „Gute Nacht“. Noch ein wenig mit der Heimat schreiben, dann geht es ins Bett, ein Bett, das vorher von einer alten Lady beschlafen wurde, die jetzt leider durchgedreht in einer Anstalt lebt…

MONTAG, 10. März 2014

7:00 h, ich wache auf, die Ventilatoren haben die Nacht Wache gehalten und kreisen auf höchster Stufe. Es ist heiß! Man nutzt keine Decken zum Schlafen, sondern lediglich den Bettbezug, oder die komplette Nacktversion.

Ich gehe in den nahe gelegenen Minimarket und besorge ein wenig für das Frühstück. Es werden: 1 Tüte Brötchen, die Teile sind wesentlich kleiner als bei uns, dafür aber gleich zu vierzig abgepackt, Schinken, Käse und Getränke, mein Standard: Cola Light und Wasser. Der freundliche Verkäufer läuft mir stets hinterher, um mir zu helfen. Wie gesagt: Mit Englisch hat man hier überhaupt keine Chance! Auch wenn ich zeige, dass ich 5 Scheiben Käse haben möchte bekomme ich mehr als 10. Das normale argentinische Brot ist leider sehr geschmacklos, aber es gibt einige deutsche Einwanderer die hervorragendes Brot backen.

In allen Kühlschränken sind immer Eiswürfel und 2,25 L Cola-Flaschen in Form von Eis vorrätig. Das ist auch gut so, da eine kaltes Getränk ohne Eiswürfel nach ein paar Minuten nicht mehr kalt ist. Die Getränkeflaschen werden häufig auch in Schaumstoffcooler gestellt, oder samt dem Cooler an die Lippen gehalten und dann: Kopf in den Nacken…

Nach dem Frühstück geht es erst einmal wieder an den Erlebnisbericht, um später dann die Stadt zu entdecken.

Gladys und Alfredo sind unterwegs, ein Mitarbeiter ist im Office. Er malt mir den Weg zur Stadtmitte auf, weil er Angst hat ich könnte verloren gehen. Sich zurechtzufinden ist aber ganz einfach, da hier alle Straßen parallel angeordnet sind und jede 2.-3. Straße eine Art Hauptstraße ist.

In der City angekommen suche ich erst einmal einen Laden, in dem ich eine Sonnenbrille finden kann, da meine zerbrochen ist. Gladys sagte mir, dass man in Apotheken, genannt Farmacia Sonnenbrillen kaufen könne. Ein Sicherheitsbeamter begrüßt mich und gibt mir eine Nummer. Immerhin befindet sich noch ein weiterer Kunde in dem Laden. Leider gibt es keine Sonnenbrillen und der Optiker auf der anderen Straßenseite hat nur Statusteile von Ray-Ban und Co. – ist nicht mein Ding. Glücklicherweise hat ein Straßenhändler eine Brille, die genau meinem Geschmack entspricht und 40 Pesos kostet, also um die € 3,-.

In Argentinien gibt es unheimlich viele Hunde und somit auch Hundebesitzer. Jedes 5. Geschäft scheint hier in Posadas ein Tiergeschäft zu sein.

An den Ampeln stehen häufig Jongleure, die ein paar Kunststücke zeigen und dafür von einigen Autofahrern belohnt werden. In Buenos Aires sah ich an einer großen Kreuzung einen Ballartisten, der drei Fußbälle auf sensationelle Weise beherrschte. Wenn da ein Ball wegfliegen würde hätte er 1000 Gegner in Form von Autos, doch es unterlief ihm nicht ein einziger Fehler.

Auch Kinder laufen häufig an den Ampeln um die Autos und es ist sehr gefährlich, da sie kurz vor Grün, oder auch längst danach auf den Seitenstreifen springen, um bei möglichst vielen Autofahren zu betteln. Sie müssen das Geld dann bei ihren Müttern abgeben, die es häufig für Alkohol und Drogen brauchen, wie Alfredo mir sagte.

Posadas Posadas Posadas


 

 

 

 

Das Sozialsystem ist in Argentinien von den letzten Regierungen gestärkt worden und viele Menschen bekommen Geld um zu überleben, haben jedoch kein Interesse zu arbeiten. Darüber wird sich hier viel aufgeregt. Die Arbeitsmoral und Unzuverlässigkeit der Argentinier wird auch von Deutschstämmigen immer wieder thematisiert. Besonders die Region Buenos Aires wird subventioniert. In Buenos Aires zahlen die Menschen wenig Geld für Strom, im restlichen Argentinien kann es auch schon mal zu Engpässen oder Stromausfall kommen.

Straßenmusiker, Posadas

Ich höre einem Straßenmusiker zu. Es ist auffällig, dass alle argentinischen Sänger immer einen klassischen Touch haben, egal, ob sie Rock, Pop, Folklore, Jazz, Volksmusik singen. Auch mein Straßenmusikerfreund hat diesen Touch.

Alfredo ist Musikliebhaber und als ich ihm den Vergleich einer Vollschwingung zum dezenten Einschwingen der Stimmlippen erkläre und vormache, strahlt er und versteht den Unterschied. „Genauso, wie beim Einschwingen, so singen sie hier“, ereifert er sich!

Ging ich auf dem Hinweg zur Stadt immer nur auf der Sonnenseite, so mied ich sie in der Stadt, da die Sonne mein Gesicht schon mehr als mir lieb war bearbeitet hatte. Glücklicherweise hatte ich mir in Deutschland gutes Sonnenequipment aus der Apotheke zugelegt. Für den Rückweg nehme mir ein Taxi und zahle 25 Pesos, also ca. € 2,- für die Rückfahrt.

Posadas Schulkinder in Uniform, Posadas Posadas

 

 

 

 

 

Es ist bereits Abend, ich hatte zugesagt für uns zu kochen und so fahren Alfredo und ich einkaufen. Der Supermarkt ist recht voll, aber es gibt unzählige Bedienstete und so denke ich, dass wir recht schnell wieder dort raus sind. Ich sollte meine Rechnung ohne die Argentinische Mentalität gemacht haben.

Wir stehen in einer Megaschlange und nebenan ist es ebenso voll, da entdecke ich eine Kasse mit nur vier Leuten vor uns. Ich denke: Die können doch nicht alle so dumm sein und vierzig Meter anstehen, wenn es hier nur 4 Meter sind… Scheinbar doch 🙂

Ich will nicht dumm sein und gehe zu der Minischlange. Auf dem Weg dorthin erklärt mir Alfredo etwas von einer Fastlane Kasse und dass die Leute in der Megaschlange alle weniger als 15 Teile haben…. In meiner Minischlange hat jeder ungefähr 50-100 Teile. Dass ich in Schul-Mathe kein Genie war schien sich hier zu bewahrheiten. Die ca. 300 Teile der Menschen vor mir sollten doch 30 Leute in der Fastlane schlagen können… Denkste! Die Kassiererinnen an meiner Kasse stellen einen Slowlane-Rekord auf. Gefühlt eine Minute brauchen sie pro Teil, an der Fastlane Kasse. An der Fastlane Kasse sind gefühlte 150 Kunden in der Zwischenzeit bedient worden. Macht nichts denke ich mir und wir fahren im Anschluss an den Einkaufsmarathon in einen Bier Spezial Shop, wo wir tatsächlich Hefeweizen bekommen – ich freue mich auf ein eiskaltes Hefe, zahle für 6 Flaschen USD 21,-. Zuhause angekommen brate ich Hähnchen (Polo) mit Gemüse. Das ganze wird zu frischen Spaghettis angerichtet, dazu gibt es Hefe mit Jägermeister! Lecker – lecker dann ist der Montag auch schon wieder Geschichte.

Die geplante Tour ins 5 km gelegene Paraguay werde ich später mit Marion nachholen. Erst einmal heißt es wieder früh ins Bett.

DIENSTAG, 11. März 2014

6:00 h, meine Nacht ist vorbei, ich grüße den Mittwoch. Erst einmal mit Deutschland sprechen. Google Plus dient Marion und mir als Kommunikationsplattform und da ich hier ein schnelles Netz habe, genieße ich den Talk mit Zuhause. Heute spielt Bayern gegen Arsenal, vielleicht bekommen meine beiden Internetspezialisten es hin, dass ich das Spiel sehen kann…

Badezimmer

Duschen! Die Duschköpfe sind ja an der Wand und fast immer ohne Schlauch. Dafür sind sie riesengroß, denn sie haben Platz für eine Heizspirale. Am Duschkopf sind zwei Drähte befestigt, die zu einer Steckdose laufen. So funktioniert hier warmes Wasser. Heizungen gibt es in Argentinien fast gar nicht, warum auch?! Wenn es mal kälter wird, heizen sie hier mit Holz, was ja auch im Überfluss vorhanden ist.

Der Toilettenspülkasten ist häufig offen und man zieht an einem Hebel, um das Wasser in die Keramikabteilung zu befördern. Anschließend muss man mit dem herausgezogenen Teil das Loch treffen, damit sich das Wasser wieder im Tank ansammeln kann. Das ist alles eine Sache der Gewöhnung und nach kurzer Zeit ist man Experte.

Kaffee schmeckt in Argentinien irgendwie nicht so gut, dafür gewöhnt man sich schnell an Mate. Des Öfteren sagt man mir, dass man von Mate nicht zunehmen kann.
Hören das alle Europäer, oder vermehrt ich, frage ich mich… 🙂

Marion und ich werden den Tag über viel am Rechner sitzen, um die letzten Details für den Blog und andere Aktivitäten zu planen und uns auszutauschen. Neben einem Spaziergang um den Block, spiele ich mit den Hunden und dann ist es auch schon 20:45 h – Fußballzeit. Ich glaube, dass nur Fußballfans es verstehen werden, dass man diese Bayern auch in Argentinien sehen möchte…

Gladys richtet mir einen Sender ein, der das Spiel überträgt (ich möchte keinen Namen nennen), doch via W-Lan habe ich ein recht gestörtes Bild. Schade, denke ich und gehe in der Halbzeit einen Mate mit Gladys trinken. Da kommt ihr die Idee, dass ich das Spiel auch auf dem Powerrechner von Alfredo ohne W-Lan sehen kann. Hammerbild und ab geht es…

Nach dem Spiel schauen wir im Internet noch nach der Busverbindung für Monte Carlo. Um 8:55 h soll es am nächsten Tag mit dem luxuriösen Bus losgehen. Das Ganze für 140 Pesos – ein Schnäppchen, denke ich, aber es sollte anders kommen…

Liebe Grüße aus dem wunderbaren Argentinien sendet

Euer Andrés

 

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Andrés Balhorn

Owner and Founder bei POWERVOICE
Andrés Balhorn ist POWERVOICE Gründer, Vocal Coach Ausbilder, Rocksänger, Produzent und Komponist. Seit 1987 ist er als Dozent ein Vorreiter für modernen für Rock/ Pop Gesangsunterricht. Sein 1996 im GERIG Verlag erschienenes Buch POWERVOICE avancierte zum Fachbuchbestseller und ist mittlerweile in der 14. Auflage. Mit mehr als 600 gegebenen Workshops ist er einer der erfahrensten Vocal Coaches in Europa.

Ein Kommentar

*

  • Vielen Dank für die tollen Reiseberichte! Ich freu mich auf die nächsten Fortsetzungen… Bleib gesund und erstma n Hefe…

    Klaus Reply

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