POWERVOICE goes Südamerika – Teil 7

POWERVOICE goes Südamerika – Teil 7

Donnerstag, 20. März 2014

Am Morgen zähle ich mein Geld und beschließe, dass ich noch USD 200,- in Pesos tauschen sollte. Für USD 200,- bekomme ich Pesos 2.000,-

Marion ist in Amsterdam Schiphol gelandet und so chatten wir 10 Minuten, bis irgendwann der Kontakt komplett abbricht und wir uns erst wieder in Buenos Aires sehen und sprechen. Eigentlich kann man in dem riesigen und wirklich schönen Flughafem in Amsterdam 2 x 45 Min. frei ins Netz gehen…

Amsterdam Flughafen

Bei meiner argentinischen Familie sitze ich zumeist in dem kleinen Computer/ Musikraum, der in erster Linie von Nelson genutzt wird. Es ist noch früh und recht dunkel. Ich möchte meinen Koffer in mein Zimmer bringen und bedenke nicht, dass es hinter der Tür noch ein Insektengitter gibt und ramme meinen Prachtkoffer in selbiges. Als ich Wanda die Tat beichte, lacht sie und sagt, dass das der Shreiner wieder richten wird…

Wanda ist bereits aus dem Haus, um Dinge zu erledigen, Hepi und seine Söhne sind bei der Arbeit. 7:00 h, Imi, die entzückende Haushälterin kommt gerade ins Haus. Wir mögen uns und sie freut sich immer, wenn sie mir einen Spezialkaffee machen kann. Dieser besteht aus Pulverkaffee, mit Zucker und Milch schaumig gerührt und dann mit heißem Wasser aufgegossen – ein Gedicht! Imi besteht auch darauf mir die Wäsche zu waschen, oder meine Schuhe zu putzen. Es ist wie im Paradies, da mir hier alles abgenommen wird, was mich vom puren Genuss abhält. In Deutschland hätte ich Probleme all diese Dinge anzunehmen. Hier scheint es, als ob Imi sich verantwortlich fühlt und es genießt mir Freude zu bereiten. Ich habe viele liebe Freunde in Deutschland, aber hier in Monte Carlo fühlen sich viele Nettigkeiten irgendwie anders an. Während man in Deutschland auch schon mal denkt: Wie meint mein Gesprächspartner das, wie ist seine Mimik, seine Gestik, was verraten sie mir, so wirkt hier alles herzlich und verbindlich, ehrlich und freundlich. Meine positive Lebenseinstellung und meine lockeren Sprüche kommen hier sehr gut an. Deutsche sind oft ernster und kritischer, hektischer und berechnender. Ich mache alles mit, was zu Argentinien gehört und das scheint zu gefallen.

Hepi und Wanda, meine Familie in Monte Carlo, Argentinien

Ich beklage mich bspw. nicht über defekte Toiletten, oder auch die Hygienezustände in manchen Lokalen, was auch schon einmal bedeuten kann, dass die Toilettentüren sich nicht abschließen lassen, das Toilettenpapier fehlt (das Toilettenpapier ist mega dünn und reißt beim Anrollen zu 80% lange vor der Wunschlänge ab). Oder, die Moskitostiche: Sie gehören zum Alltag und meistens haben mich die Viecher in beide Füße gestochen. Auch Beine sind sehr beliebt bei meinen kleinen Freunden, aber auch das Hinterteil wird als Landefläche geschätzt. Insgesamt hatte ich aber Glück und mir wurde weniger Blut von den kleinen Saugern abgezapft, als befürchtet.

Ich fühle mich ein wenig grippig, der Ventilator war in der Nacht wohl zu stark eingestellt. Ich sitze auf der Riesenterasse, schlürfe meinen Kaffee und denke an die Reise nach Buenos Aires.

Ich wollte mit dem Bus fahren, doch Hepi sagte, dass es gar nicht in Frage kommt. Er wird mich die 130 km nach Iguazu fahren, wo sich der Flughafen befindet. Diese Familie ist einfach unglaublich hilfsbereit und liebenswert! Natürlich lässt Wanda sich es nicht nehmen mitzukommen und selbstverständlich wird es auf der Reise mit dem Auto Mate geben 🙂

Wenn jemand sagt, dass er gerade Pech gehabt hat, weil ihm etwas „Schlimmes“ passiert ist, dann sage ich zu ihm: „Sei froh, dass das passiert ist, sonst hättest du nichts zu erzählen.“ Hepi liebt diesen Satz und freut sich immer, wenn ich ihn ausspreche.

Bevor es ein leckeres Mittagsgericht gibt (Schnitzel mit Kartoffelpüree und Salat), fahren wir in den „Stadtkern“ von Monte Carlo und suchen nach einem Messi-Trikot, natürlich von Argentina und mit der Nummer 10!

Hier in Misiones gibt es unglaublich viele Fälschungen aus Paraguay, dem China Südamerikas. Ich habe ADIDAS-Trainingsanzüge gesehen, dagegen hat KIK die Qualität von Christian-Dior!

Ich finde kein passendes Shirt in meiner Größe (ich verzichte hier auf eine Größenangabe) und so wollen wir zu einem anderen Zeitpunkt schauen, ob wir ein entsprechendes blau-weiß gestreiftes Messi-Trikot für mich finden. Ich werde Messi übrigens später noch begegnen, ganz in der Nähe des Boca-Stadions, wo Maradona und nicht er gespielt hat, aber darüber später mehr… Auf dem Rückweg hinterlasse ich noch Grüße in der Schule und verabschiede mich für ein paar Tage.

Für die Boxen, die ich der Schule gespendet habe soll noch ein passendes Case gebaut werden. Mit Wanda fahre ich zu einem befreundeten Schreiner. Die Mutter des Schreiners kennt meine Eltern noch und ich werde wie so oft Deutsch sprechenden Argentiniern mit den Worten begrüßt: „Wie geht´s“? Es klingt so amerikanisch, da man die Antwort gar nicht eingeplant scheint. Es ist wie eine Floskel, aber ich habe diese Floskel lieb gewonnen und zu Matthias auch schon mal gesagt: „Ganz beschissen, Matthias und dir?“, wohl wissend dass meine Antworte auf die Frage „Wie geht´s“ zu 99% gar nicht wahrgenommen wird. 🙂 Matthias ging seinerzeit fröhlich ins Haus und wusch sich die Hände, ohne meine Antwort zu registrieren

Zurück zum Schreiner, der ein Case für die Boxen machen wird. Ich frage, wie teuer das Case denn ungefähr sein wird und habe das Gefühl nur Gelächter dafür zu ernten. Hier scheint man etwas in Auftrag zu geben und zu vertrauen, dass der Preis gerechtfertigt ist. Ich wollte ja auch nur vorsichtig sein, da man mir „Südamerikaexperten“ geraten haben alles im Vorfeld abzusichern. Wanda scheint meine Frage unangenehm zu sein und sagt mir, dass das Endprodukt seinen Preis wert sein wird. Ich schäme mich ein wenig, hätte ich doch ahnen können, dass sie alles im Griff hat…

Es wird Zeit nach Iguazu aufzubrechen, mein Flieger geht in 3 Stunden. Ich umarme Imi und sage ihr, dass ich traurig bin in Buenos Aires noch beschisseren Kaffee trinken zu müssen, als den ihren. Sie versteht mittlerweile meinen Humor und muss lachen. Wenn Imi lacht, dann wackelt das Haus… 🙂

Wir fahren nach Iguazu und haben wieder Mal viel zu lachen. Es ist zu spät, um die Freundin von Wanda unterwegs zu besuchen, die auf dem Weg zum 130 km gelegen Flughafen ein Hotel betreibt.

Auf dem weg nach Iguazú, Flughafen

Im Flughafen angekommen verabschieden wir uns, Hepi wird Marion und mich ja bereits am Sonntag wieder hier abholen.

Die Kontrolleure sind streng und ich bin nach der intensiven Abtastung froh in Ruhe auf den Flieger warten zu können. Der Flughafen ist recht klein und ich möchte das Rollfeld dokumentieren. Mist, ich habe mein Handy im Auto gelassen. Falls Hepi es finden würde könnte er sich bemerkbar machen und ich könnte dann nochmal durch das Sicherheitssystem. Als jedoch nach 15 Minuten von Hepi nichts zu sehen ist und das Sicherheitspersonal mich bereits im Auge hat, finde ich mich damit ab keine Fotos machen zu können. Ich stelle mich in die Reihe, als mich plötzlich jemand von hinten anfasst. Mir schießen die Sicherheitsbeamten durch den Kopf. Ich werde ihnen ruhig erklären, dass ich so auffällig war, da ich mein Handy…. Ich drehe mich um und Hepi reicht mir freudestrahlend mein Anrufteil. Wie zum Henker konnte er an den scharfen Sicherheitsleuten vorbei??? Hepi hat die besondere Gabe Leute um den Finger wickeln zu können, ohne dass er dabei wickeln muss. Er ist dermaßen vertrauenswürdig, dass sie ihn zu mir durchgelassen haben… Wow! Danke, mein Freund, du bist einfach großartig.

Der Flug verläuft reibungslos und mittlerweile empfinde ich die Inlandflüge als Routine. Am Jorge Newberry Flughafen in Buenos Aires nehme ich mir ein Taxi und lass mich ins Hotel bringen. Ich habe auch für die Nacht ein Doppelzimmer gebucht und die Nummer 608 ist das schönste Zimmer, das ich im Hotel Marbella hatte.

Landung in Buenos Aires

Ich hole die zwischengelagerten Teile, wie Videokamera, Kompensationsmittel für den Gesang etc. ab. Es ist noch alles da.

Um die Ecke besorge ich mir ein Baguette, Schinken, Käse, ein Bierchen, 2,25 l Cola light, dieselbe Menge Wasser und zwei Piccolo für den nächsten Tag, an dem ich ja Geburtstag habe.

Ich gehe noch kurz auf Facebook und die Leute gratulieren mir bereits. Ich bin im ersten Moment erstaunt, doch dann wird mir klar, dass es in Argentinien Donnerstag, 20:20 h ist, in Deutschland habe ich bereits seit 20 Minuten Geburtstag… Ich esse und schlürfe das Bier, während ich ein wenig Fußball schaue. Schnell noch Zähne schrubben, dann schlafen und um 5:00 h aufstehen, da um 6:00 h mein Fahrer Juan, der Bekannte von Mariana mich abholen wird, denn der große Flughafen Ezeiza etwas außerhalb liegt und wir mindestens 45 Minuten kalkulieren müssen.

Gute Nacht und fette Grüße aus Buenos Aires!

Freitag, 21. März 2014

4:45 h mein „Innere Uhr Wecker“ klingelt, 5:00 h, mein Handy klingelt, 5:05 h das Hoteltelefon klingelt: Ich bin hellwach! Die Dusche ist diesmal richtig groß, etwa 2 qm. Ich genieße das Wasserbad ausgiebig. Zum Glück habe ich noch zwei Schluck Wasser und einen Schluck lauwarme Cola Light.

Um meinen Laptop aufzuladen und Nachrichten aus aller Welt zu lesen muss ich das Bett wegschieben um an die Steckdose zu kommen. Mit Gewalt bringe ich meinen Stecker in die Dose, die auch nicht nach Europäischen Sicherheitsnormen gebaut ist. Dass Kabel aus Geräten, oder Steckdosen, oder Lampen herausschauen ist in Südamerika nicht ungewöhnlich! Argentinische Steckdosen sind nicht für alle unserer Stecker geeignet. Man muss ab und zu Gewalt aufbringen, um an den Saft zu gelangen.

6:00 h, ich gehe an die Rezeption und Juan wartet bereits auf mich. Wir umarmen uns herzlich und schon geht es zum Flughafen. Insgesamt 3 x müssen wir an den privaten Mautstellen bezahlen. Es kostet hier 8 Peso pro Stelle. Auf Dauer ist das für einen normal verdienenden Menschen aus Buenos Aires recht teuer. Ich werde Juan aber später eine angemessene Entlohnung für all seine Fahrdienste geben, über die er sich immens freute, war die Währung doch USD. Die Dankbarkeit der Menschen hier ist komplett anders, als bei uns denke ich noch…

Es regnet, wir kommen am Flughafen an. Das Wolkenbild fasziniert mich und ich mache ein paar Fotos. Im Flughafen trinken wir erst einmal einen richtig guten Kaffee.

Juan hat ein Schild mitgebracht auf dem Marions Name steht. Kurzfristig denke ich: Ich werde sie doch erkennen und wir brauchen das Schild nicht, aber ich wollte Juan nicht die Freude an seinem Schild nehmen und signalisiere ihm mit dem Daumen nach oben, dass ich das Schild großartig finde und, dass ich so auch den Namen der Lady kurzfristig nicht vergessen kann, mit der ich seit 4 Jahren liiert bin. Da Marion mit KLM ankommen wird halte ich Ausschau nach typisch Holländisch aussehenden Menschen. Von 100 Leuten sehen hier aber 95 asiatisch aus, denke ich nach Ankunft des ersten Fliegers, des zweiten, des dritten…

Juan mit seinem Schild

Wir warten seit einer halben Stunde, als mich schließlich jemand an die Schulter fasst: Es ist Marion, die einen andere Ausgang benutzte 🙂

Wir machen schnell noch ein paar Selfies, auch mit Juan.

Marion bewundert den Sturm und den Himmel, der in Argentinien viel höher und gewaltiger zu sein scheint.

Es geht in Richtung Hotel und ich bemerke in meiner Tasche etwas hartes: Einen Piccolo… „Ach ja“, sage ich zu Marion, „Ich habe heute Geburtstag“. Das hatten wir bei dem freudigen Wiedersehen völlig vergessen. Wir nehmen uns vor heute mal richtig lecker auszugehen…

Im Hotel angekommen ist erst einmal Entspannung und Sortierung angesagt. Marion schaut aus dem Fenster in den Innenhof und macht ein paar Fotos.

Zimmer 608 hat den Vorteil. Dass das Büro des Hotelchefs genau zwei Etagen über uns ist und wir so Wi-Fi haben 😉

Innenhof Hotel Marbella, Buenos Aires

Nachdem wir uns aufgefrischt haben möchte ich Marion die Chlorpisse aus dem Hotel nicht vorenthalten. Für alle Quereinsteiger dieser Erfahrungsserie: Das ist der einmalige Kaffee, den es in dem Hotel gibt. Auf allen geschossenenen Bildern würdet ihr erkennen, dass unsere Tassen immer ganz voll sind. Das ist das untrügliche Zeichen dafür, dass wir beide den gleichen Kaffeegeschmack haben und dieser nicht dem Standard des Hauses entspricht. Sonst ist dieses Hotel aber unbedingt zu empfehlen!

Chlorpisse... auch Kaffee genannt

Wir machen Buenos Aires unsicher und gehen erst einmal auf die Prachtstaße, die Avenida 9 de Julio. Sie ist benannt nach dem argentinischen Unabhängigkeitstag am 9. Juli 1816. An der breitesten Stelle beträgt diese Straße 140 Meter!!!

Avenida 9 de Julio

Von den Mini Cataratas del Iguazu (Wasserfälle von Iguazu) auf dieser Straße machen wir erst mal ein paar Bilder, doch wir sollten keine Ahnung haben, was uns am Sonntag und Montag an den echten Wasserfällen erwarten sollte…

Die Iguazú Wasserfälle als Nachbau in Buenos Aires

Wir gehen zum Regierungspalast, der seit 1873 in rosa erstrahlt. Warum ausgerechnet rosa, da viele Gebäude in den Farben Argentiniens, also weiß oder hellblau gestrichen sind? Einerseits wird erzählt, Sarmiento, der damalige Präsident habe die Farben der verfeindeten Unitarier und Föderalisten, Weiß und Rot, mischen lassen, um damit die Einheit Argentiniens zu symbolisieren. Die andere Erklärung: Rosa war im 19. Jahrhundert eine verbreitete Farbe für Häuseranstriche, die durch die Mischung von Kalk mit Ochsenblut entstand, das für seine wasserabstoßenden und fixierenden Eigenschaften benutzt wurde.

Der Regierungspalast, Buenos Aires, Argentinien

Wir haben Freitag und das ist der Tag der Demonstrationen in Buenos Aires. Auf dem Plaza de Mayo demonstrieren arme Bürger für mehr Rechte, wenn wir das richtig verstanden haben.

Keine 100 Meter vom Amtssitz der Präsidentin Christina entfernt hatte Jorge Mario Bergoglio, besser bekannt als Papst Franziskus seinen Amtssitz. Er war von 1998 an Erzbischof von Buenos Aires und ab 2001 Kardinal. Man sagt, dass Christina ihn nicht eines Blickes würdigte, als er noch aktives Oberhaupt der Katholiken von Argentinien, mit Amtssitz in Buenos Aires war. Das hängt damit zusammen, dass Jorge Mario (der aktuelle Papst) offen gegen viele Entscheidungen des Ehemannes von Christina Elisabet Fernández de Kirchner, ihrem Vorgänger Néstor Kirchner als Präsident Argentiniens, protestiert hat.

Amtssitz von Papst Franziskus

Heute sieht man in Buenos Aires viele Plakate mit Christina, posierend als Gast bei einer Privataudienz von Papst Franziskus. Auf den Plakaten ist unten rechts Evita Peron abgebildet. Christina möchte, so sagt man, eine zweite Evita werden. Der Großteil der Bevölkerung wünscht sich jedoch mittlerweile ihre Abwahl…

Christina und Papst Franziskus

Wenn man sich mal mit allen argentinischen Präsidenten beschäftigt, dann stellt man fest, dass die Amtszeiten oft sehr kurz waren. Zwei haben es auf jeweils zwei Regierungstage gebracht… Seit 1810 gab es genau 84 Präsidenten, bzw. Regierende… Es gab zwei Präsidenten, die jeweils nur über Nacht an der Macht waren, also keine 48 Stunden… 🙂

Argentinien, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wie die Argentinier es nennen….

Ich möchte Marion die neue Brücke in Buenos Aires zeigen und so laufen wir zur „Puenta de la Mujer“ (Brücke der Frauen). Es ist eine Drehbrücke für Dock 3 des Geschäftsviertels Puerto Madero, die es großen Schiffen erlaubt hindurch zu fahren. Der spanische Architekt Santiago Calatrava beschreibt den Entwurf als: Ein Paar tanzt Tango. In weniger als 2 Minuten kann sie gedreht werden, um Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen!

Direkt an dieser beeindruckenden Brücke liegt das Segelschulschiff „Presidente Sarmiento“.

.Segelschulschiff „Presidente Sarmiento"

Neben den üblichen Informationen zu solchen Teilen gab es eine Begegnung mit einem Hund, die Marion einen Schrecken einjagte. Da schwebt vor ihr ein Schäferhund. Auf den zweiten Blick erkannte sie, dass eine ausgestopfte, treue Seele der Besatzung hier in einer Vitrine haust.

.

 

Wir haben Lust auf einen richtig leckeren Kaffee und eine eiskalte Cola light, also setzen wir uns in eines der schönen Hafenkaffees. Hier auf einer Bank ist eine Figur und neben der Figur zwei Warnhinweise, die wir aber nicht entziffern können, da unser Spanisch nicht allzu gut ist. Sicherlich sollen Touristen die Figur nicht betatschen…

Wir trinken unsere Cola Light und unseren Kaffee, bei dem auch ein Keks dabei ist. Ein kleiner Vogel sitzt auf einer Stuhlkante und Marion denkt sich, dass sie dem Piepmatz einen Krümel Keks geben könnte, was sie auch tat. Was soll ich sagen: Über 100 Tauben und sonstiges Geflieder fühlte sich eingeladen, da auf dem Krümel ja kein spezieller Name stand. Der ganze Vorplatz war mit Vögeln bedeckt und so kam uns beiden gleichzeitig in den Sinn, was auf der Bank gestanden haben müsste: BITTE NICHT DIE VÖGEL FÜTTERN…

Hunger

Wir beeilen uns mit dem Bezahlen, denn die Vögel erwarten von uns mehr Leckereinen, wie es scheint, denn sie sitzen bereits auf unserem Tisch und dem Nachbartisch, deren Beisitzer Pizza essen. Schnell weg…

Die Vögel

Später fragen wir einen, der hier selten vorkommenden Englisch sprechenden Argentinier, ob wir mit unserer These richtig liegen, was dort auf der Bank steht. Er lächelt und sagt uns, dass man sich nicht auf die Figur setzen soll, wenn man Fotos mit dem Kerl von der Bank schießt…

Wie Gerüchte entstehen ist uns jetzt klar 🙂

Wir kommen an einem total lecker erscheinenden Restaurant mit Namen
 „Brasas Argentinas“ vorbei, was so viel heißt, wie: „Die Glut Argentiniens“. 
Hier möchte ich heute Abend mit Marion und Mariana essen gehen, um meinen Geburtstag zu feiern.

Wir schlendern noch ein wenig durch Parks und irgendwann habe ich Knieprobleme. Ich hoffe, dass das Auswirkungen meiner Sportverletzung von vor 3 Jahren ist und nicht die blöde Zecke, die mein Gesicht vor 9 Monaten komplett lahmgelegt hat. Borreliose geht ja oft auf die Gelenke… Vielleicht sollte ich auch mal die angestrebten 20 kg Gewichtsabnahme zielstrebiger ins Auge fassen…

Park

Wir nehmen ein Taxi und ruhen uns anschließend im Hotel ein wenig aus, denn Mariana, meine liebe Reiseführerin, deren Lieblingswort „Si“ ist möchte ja um 18:00 h gerne eine Tour mit uns machen. Wir haben Hunger!

18:00 h, Mariana steht bereits am Empfang und begrüßt Marion ganz ausgiebig. Mariana ist einfach süß, ich freue mich, dass sie sich unserer annimmt. Wir nehmen ein Taxi und fahren am Luna Park vorbei. Der Luna Park ist eine riesige Mehrzweckhalle und alle großen Boxer, Musiker, Politiker gaben sich hier bereits die Ehre aufzutreten oder anzutreten.

Es ist Zeit zu essen, denken wir, während Mariana uns den Hafen zeigt. Ein Restaurant nach dem anderen lehnt sie ab. Warum werdet ihr gleich erfahren.

Es sind im Hafen nur noch zwei Restaurants und wir sind sicher, dass Mariana uns zielgerichtet in das letzte Restaurant führen möchte. Als sie auch an diesem Restaurant vorbeigeht, sage ich ihr freundlich, aber deutlich: Wir haben mega Hunger, liebe Mariana. Sie lächelt zurück und sagt: „Si“. Eigentlich sagt sie immer „si“. Alle Restaurants waren fast komplett leer und so denken Marion und ich, dass in 15 Minuten, also um 19:00 h die Zeit beginnt, in der die Argentinier essen gehen. Wir fragen Mariana, ob es so ist, sie sagt: „Si“. Jetzt werde ich ihr die gleiche Frage mit einer anderen Uhrzeit nennen, ich erinnere, dass unsere gemeinsame Sprache Englisch ist, obwohl mein nicht vorhandenes Spanisch und ihr Englisch vom Sprachschatz her sich auf etwa der gleichen Ebene befindet. Ich frage sie, ob man hier um 21:00 h essen geht, sie sagt: „Si“. Auch auf die Frage, ob die Argentinier um 20:00 h essen gehen erhalte ich ein: „Si“. Ich vermute allmählich, dass Mariana nicht bewusst ist, dass wir den Tag über gehungert haben, um es uns am Abend richtig, richtig gut gehen zu lassen. Jetzt um 19:00 h ist der richtige Zeitpunkt dafür… 
Wir gehen in unser „Brasas Argentinas“, einem riesigen Restaurant, in dem jedoch nur noch 4 andere Gäste sind. Alles leer…???!!!

Mariana

Der Kellner lässt sich auch nicht blicken, obwohl wir ca. 20 Leute Personal ausmachen. Uns knurrt der Magen. Nach einer gefühlten Stunde kommt schließlich ein netter Kerl zu uns an den Tisch und fragt uns, was wir trinken möchten. Marion möchte gerne einen fruchtigen und nicht staubigen Rotwein.

Dass zu erklären kostet nochmals eine gefühlte Stunde, aber dann haben wir die Rotweinfrage erst einmal geklärt und können das hervorragende Gesöffs endlich genießen.

Es stellt sich heraus, dass wir in einem Restaurant gelandet sind, in dem es Buffet gibt. Die Vielfalt des Buffets ist unglaublich, hier gibt es alles!

 4000 Sorten Fleisch, 300 Sorten Fisch, 200 verschiedene Sushi-Angebote, Salate bis zum Abwinken, Pasta, Pizza…. ALLES!!!

Buffet

Buffet

Buffet

Buffet

Argentinier sitzen grundsätzlich in den klimatisierten Räumen eines Restaurants, für uns unvorstellbar, dass alle Außenplätze fast immer frei sind, obwohl wir um die 30 Grad haben. Wir fragen den Kellner, ob wir uns nach draußen setzen können, weil das Wetter einfach so toll ist. Der Kellner und Mariana schauen sich an, als würden wir einen unmoralischen Wunsch.

Endlich an die frische Luft

Draußen sitzt ein gut situierter Herr mit seinem etwa 25 Jahre jüngeren Freund.

Wir laben uns an den Leckereien und schießen Erinnerungsfotos. Der Kelnner wird immer netter und zugänglicher. Ein nächster Gang zum Buffet steht an, wir schauen nach drinnen und plötzlich ist das gesamte Restaurant voller Gäste. Wir schauen auf die Uhr, es ist 22:04. Punkt 22:00 h gehen die Argentinier in Buenos Aires essen. Man nennt es dann Nachtessen und nicht Abendessen.
 Marion fragt einen, der netten Grillakrobaten, ob sie für ein Foto auch mal Grillmeisterin sein dürfte. Argentinier, auf Fotos machen angesprochen reagieren immer total entspannt. Wenn sie aufs Foto sollen wird jedes vorher auch noch so unfreundliche Mensch zu einem strahlenden Lächelträger.

Natürlich möchte Marion, dass ich auch den Grillmeister abgebe. Dazu muss ich mich durch einen der Tresen und dem Grill zwängen. Junge, nimm endlich ab, denke ich noch…

Zurück am Tisch erzählt Mariana, die bereits ganz leicht beschwippst ist mit Händen und Füßen. Eine Hand landet an ihrem Rotweinglas, diesmal aber nicht mit der Absicht es zu ergreifen und ein Schlückchen zu nehmen, sondern unkontrolliert, so dass sich der Inhalt über den Tisch ergießt. Ich sitze ihr gegenüber und sehe noch, wie in Zeitlupe, wie das köstliche Gesöffs auch meinen linken Oberschenkel trifft, bzw. mein Beinkleid.

Der Kellner, der nur noch für uns zuständig zu sein scheint bemerkt das Maleur und gibt mir zu erkennen, dass mir ein kleines Missgeschick geschehen ist, was er gern reparieren möchte. Da Mariana ihr Unglück nicht mitbekommen hat, nehme ich die Schuld doch gerne auf mich.

Der Kellner fragt mich, ob ich drinnen eine Whiskeyprobe machen möchte, weil das wohl alle männlichen Touristen so machen. Ich gehe hinein, sehe drei der Bedienungen unfreundlich schauend und wähle dann den Weg an ihnen vorbei, habe mich dann doch für die Toilette entschieden. Wir haben so einen lieben Kellner bei uns am Tisch, da möchte ich lieber Spaß haben und nicht so tun müssen, als wäre ich Whiskey-Kenner…

Mariana nippt immer nur am Rotwein und wir versuchen herauszubekommen, ob sie vielleicht lieber einen lieblichen Wein mag. Erkläre mal lieblichen Wein… Wir versuchen es mit Vino con sugar, aber diese Sprachmischung aus Spanisch und Englisch verwirrt sie nur.

Wir fragen den Kellner, ob es jemanden gebe, der gut Englisch spricht. Er holt den gut gekleideten älteren Herrn mit der Duttfrisur (ich bin froh, dass ich hier Argentinien nicht der Einzige bin). Wir können uns in einem feinen Englisch mit ihm unterhalten und so bekommen wir für Mariana einen köstlich schmeckenden Strawberry Wine, an dem sie weiterhin genauso nippen wird, wie an dem Rotweinglas. Weitere Versuche ihr Lieblingsgetränk herauszubekommen lassen wir, weil sie vermutlich auch hier immer nur 0,03 Milliliter herunterwürgen würde… 🙂

Es stellte sich im Übrigen heraus, dass der nette ältere Herr, der so gut Englisch sprach der Chef des Hauses war.

Von ihm kamen auch die Empfehlung für den Nachtisch:

Hervorragendes Vanille-Eis mit Walnüssen und mit Cognac übergossen für mich

Zitroneneis in Champagner für Mariana

Kaffee für Marion

Wir sind satt, haben viel gelacht und freuen uns auf das Hotelbett. Wir bezahlen für den ganzen Abend mit allen Leckereien für 3 Personen gerade mal € 120,- inkl. einem üppigen Trinkgeld. Unvorstellbar, da wir in Deutschland bei dieser Qualität mit einem Privatkellner sicherlich die fünffache Summe bezahlt hätten… 🙂

Ein gelungener Abend

Wir wollen Mariana mit dem Taxi nach Hause fahren, aber sie lehnt es ab, also bringen wir sie noch zur U-Bahn.

Im Hotelaufzug stellen wir fest, dass die Hitze Argentiniens meiner Borreliose zu einer Ähnlichkeit eines bedeutenden deutschen Schauspielers verholfen hat. Ich sehe dem Mann ähnlich, der ein großer Comedian in meiner Kindheit war: Karl Dall!
 Wir hatten einen tollen Tag Welt, in Deutschland habe ich seit vier Stunden keinen Geburtstag mehr und hier ist der 21. März auch in zwei Minuten Geschichte!

Karl Dall :))))

Morgen fahren wir mit dem Bus durch Buenos Aires. Hier wird man sich erst der Schönheit von Buenos Aires bewusst. Am Sonntag geht es zu den Wasserfällen nach Iguazu. Etwas beeindruckendes, wie diese Wassermassen habe ich in meinem Leben nie zuvor gesehen. Die Bilder sind beeindruckend, können aber nicht das wiedergeben, was wir dort gesehen haben. Ich freue mich darauf euch auf diese Reisen mitzunehmen!

Euer Andrés

The following two tabs change content below.

Andrés Balhorn

Owner and Founder bei POWERVOICE
Andrés Balhorn ist POWERVOICE Gründer, Vocal Coach Ausbilder, Rocksänger, Produzent und Komponist. Seit 1987 ist er als Dozent ein Vorreiter für modernen für Rock/ Pop Gesangsunterricht. Sein 1996 im GERIG Verlag erschienenes Buch POWERVOICE avancierte zum Fachbuchbestseller und ist mittlerweile in der 14. Auflage. Mit mehr als 600 gegebenen Workshops ist er einer der erfahrensten Vocal Coaches in Europa.

*

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert